DHB U19: Weltmeister nach Thriller gegen Spanien

  18.08.2025
Deutschlands U19-Nationalmannschaft schlägt Spanien im Finale nach Siebenmeterwerfen mit 41:40 und wird erstmals Weltmeister

Welch ein Triumph, welch ein denkwürdiges Endspiel bei der U19-Weltmeisterschaft in Ägypten. Sonntagabend, 21.44 Uhr, Ortszeit in Kairo: Der Anwurf des Finales liegt zu diesem Zeitpunkt 2 Stunden und 14 Minuten zurück, als nach 80 Spielminuten und 14 Siebenmeterschützen Anel Durmic im deutschen Tor die Lücke zwischen rechtem Arm und Bein schließt und den Wurf von Anselmo Collado abwehrt. Es ist die Parade durch die Deutschlands U19-Nationalmannschaft Geschichte schreibt und sich zum ersten Mal den Weltmeistertitel sichert. Deutschland und Spanien hatten sich einen Kampf auf Biegen und Geboten geboten, der sein ultimatives Ende im Showdown von der Siebenmeterlinie fand. Nachdem Jan Grüner getroffen und Durmic gehalten hatte, war beim Endstand von 41:40 die Entscheidung gefallen – für das DHB-Team.

„Sehr, sehr gut! Wirklich überragend. Dabei waren sie Ende der zweiten Verlängerung bei minus drei so gut wie weg. Diese Mannschaft hat einfach einen super Charakter. Das freut mich sehr für Erik und das gesamte Team. Ein phänomenaler Titel für eine Mannschaft, von der wir uns sehr viel versprochen haben. Von den deutschen und spanischen Jungs werden wir in den kommenden Jahren einige auch in den A-Nationalmannschaften wiedersehen. Bei uns war das auch in der Breite eine super Leistung", schickte auch Männer-Bundestrainer Alfred Gislson Glückwünsche nach Ägypten.

Deutschland hatte sich in Halle 1 des Kairo Stadiums zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Nicht nach einem Fünf-Tore-Rückstand in der ersten Halbzeit (6:11, 18.), nicht nach dem 33:36 (79.), als schon nur noch die kühnsten Optimisten an die Mannschaft von Erik Wudtke und Fabian Gramattke glaubten. Das Wichtigste: Sie selbst tat es. Tim Schröder, Jan Grüner und Rasmus Ankermann drei Sekunden vor der Schlusssirene glichen zum 36:36 aus und retteten die DHB-Talente ins Siebenmeterwerfen.

Drittbeste Abwehr des Turniers (Deutschland) gegen bester Angriff (Spanien) – das waren die statistischen Voraussetzungen, die die Frage aufwarfen, welcher Vorteil sich durchsetzt. In der ersten Halbzeit war es die Angriffstugend der Iberer, die auf schnellen Beinen den Ball gut laufen ließen und anfangs über die Kreisposition zum Erfolg kamen. Auf dem Weg zur 11:6-Führung (18.) machte auch die Torhüterposition den Unterschied aus. Spaniens David Failde hielt bis zur zehnten Minute bereits fünf Bälle – unter anderem einen Siebenmeter -, während Finn Knaack und Anel Durmic in der kompletten erste Hälfte nur einen Wurf abwehrten.

Die Aktionen aus der Nahwurfzone bekam das DHB-Team nach einer Viertelstunde besser kontrolliert, aber auch der Rückraum der Südeuropäer hat einiges zu bieten. Vor allem die beiden Linkshänder Miguel Angel Martin und Marcos Fis strahlten große Wurfgewahr von Halbrechts aus. Mit besser werdender Chancenverwertung berappelte sich die Mannschaft von Erik Wudtke. Sie kämpfte sich, inzwischen mit dem siebten Feldspieler im Einsatz, in die Begegnung und verkürzte durch einen 3:1-Lauf vor der Pause zum 14:16 – alles wieder drin.

Die deutsche Kampfkraft setzte sich fort, und man ließ sich auch von Rückschlägen wie einer frühen Unterzahl nach Wiederbeginn sowie dem zweiten verworfenen Siebenmeter nicht unterkriegen. Noah Hensens Kempa-Tor zum 17:19 aus deutscher Sicht zeigte, dass das Selbstvertrauen gestiegen war. Nach wie vor auf den siebten Feldspieler setzend, stellte Leon Stehl im Gegenstoß erstmals seit dem 3:3 wieder auf Gleichstand (42.). Und der Linkshänder holte mit dem 24:23 die erstmalige Führung auf die Seite des DHB (50.). Die zweite erzielte Tim Schröder zum 27:26 (59.), aber die Antwort des überragenden Fis vertagte die Entscheidung. Das große Finale von Kairo sollte eine denkwürdige Endphase bekommen. Eine Endphase, wie sie länger nicht könnte. Weder nach 60 Minuten (27:27) noch nach 70 (31:31) stand der Weltmeister fest.

Hitchcock, Teil 1: In der Schlussminute der regulären Spielzeit pariert Spaniens Torhüter Failde gegen Jan Grüner beim Stand von 27:27, mit vollem Einsatz im Rückzug unterbindet man den K.o. – Verlängerung. Hitchcok, Teil 2: Deutschland bekommt in der ersten Verlängerung von den usbekischen Schiedsrichtern ein Stürmerfoul abgepfiffen, die Chance auf den möglichen 32:31-Sieg fehlt. Hitchcock, Teil 3: Deutschland egalisiert in den letzten anderthalb Minuten der zweiten Verlängerung einen Drei-Tore-Rückstand. Hitchcock, Teil 4: Fünf deutsche Würfe finden im Siebenmeterwerfen den Weg ins Tor, bei den Spaniern sind es vier – das dramatischste Endspiel der U19-WM-Geschichte ist mit Überlänge entschieden.

Bei der Siegerehrung stand nicht nur das deutsche Team bei der Vergabe der Weltmeisterschafts-Trophäe im feierlichen Mittelpunkt, auch zwei DHB-Spieler wurden separat gewürdigt: Tim Schröder als bester Kreisläufer, Finn Knaack als bester Torhüter des Turniers.

Deutschland: Knaack, Durmic – Stehl (4), Genz, Hensen (4), Kleinsteuber (4/2), Heydecke, Voß, Ankermann (3/1), Strobel (1), Scherbaum, Grüner (9/6), Schröder (5), Schmid (5), Paulicks, Reichardt (6/1).
Schiedsrichter: Khasan Ismoilov/Khusan Ismoilov (Usbekistan)
Zeitstrafen: Spanien 2 - Deutschland 5

Quelle. Handball.net
Foto: kolektiff /Sasa Pahic Szabo