Kopftreffer, Nullschritt, Spieleranzahl: Diese Änderungen im Handball-Regelwerk treten zum 1. Juli 2025 in Kraft
Übersicht – Das steckt hinter den Regeländerungen
„Es handelt sich bei den meisten dieser Änderungen in erster Linie um geringfügige Anpassungen in der Formulierung des Regeltextes“, ordnet Kay Holm, Leiter Lehre im Schiedsrichterwesen des Deutschen Handballbundes, ein. „Diese Klarstellung soll gewährleisten, dass die Spielregeln den seit langem bestehenden Regelauslegungen entsprechen, was letztendlich zu einem klareren Verständnis der Spielregeln führt."
Die größten Änderungen gibt es im Bereich der Spieleranzahl (Regel 4), dem Nullschritt (Regel 7) und der Konsequenz bei einem Kopftreffer beim Siebenmeter oder direkten Freiwurf (Regel 8).
Mehr Spieler*innen, mehr Offizielle
Die erlaubte Spieleranzahl steigt von 14 auf 16 Spieler*innen sowie von vier auf fünf Offizielle pro Spiel. Das ist im Profibereich bereits Usus, nun wird der größere Kader flächendeckend auch im Amateur- und Jugendbereich zugelassen.
Der Nullschritt ist künftig auch aus dem eigenen Prellen hinaus erlaubt. „Wenn ein Spieler den Ball erhält oder fängt, während seine beiden Füße den Boden nicht berühren, wird das Aufsetzen eines Fußes oder beider Füße gleichzeitig auf den Boden nicht als Schritt gewertet“, heißt es in der neu eingefügten Passage in Regel 7:3.
„Ein Spieler erhält den Ball von einem anderen Spieler und fängt ihn aus dem eigenen Prellen“, erklärt Holm die unterschiedliche Definition. „Der Nullschritt wird durch die Neuformulierung auf das eigene Prellen übertragen.“
Er mahnt jedoch: „Um den Nullschritt aus dem eigenen Prellen heraus korrekt auszuführen, ist es maßgeblich, dass der Ball in der Luft gefangen wird und beide Füße wirklich gleichzeitig aufsetzen. Setzt zuerst ein Fuß auf, wird das Absetzen des zweiten Fußes als der erste Schritt gezählt.“
Kopftreffer führen nicht mehr automatisch zur Roten Karte
Eine der klarsten Änderungen betrifft die Regel 8 (Regelwidrigkeiten und unsportliches Verhalten). Wird der Torwart bei einem Siebenmeter am Kopf getroffen, gibt es ab dem 1. Juli keine Disqualifikation (rote Karte) mehr, sondern eine Zeitstrafe (8:8d) - vergleichbar zu Kopftreffern in einer freien Spielsituation.
„Das ist eine sinnvolle Angleichung“, lobt Holm. Auch die rote Karte gegen einen Feldspieler, der mit einem direkten Freiwurf nach Schlusssignal einen Abwehrspieler am Kopf trifft, ist durch eine Zeitstrafe ersetzt (8:8e). So ist Einheitlichkeit beim Umgang mit Kopftreffern gegeben.
Interessant ist zudem eine auf dem Bundesrat im Mai beschlossene Öffnungsklausel bezüglich des Aussetzens von drei Angriffen nach einer Behandlung. „Die Verbände können für ihren Spielbetrieb (verbandsübergreifend, gesamter Bereich oder auf einzelne Spielklassen bezogen) die Regel 4:11, Abs 2. beschließen“, heißt es ab 1. Juli im Regelwerk.
Im Klartext: Bisher fand das Aussetzen von drei Angriffen nur in den vom DHB und den Ligaverbänden geleiteten Spielbetrieben Anwendung; in allen anderen Ligen war es ausgeschlossen. Jetzt können auch die Landesverbände und Regionen die Regel anwenden. „Es ist kein Muss, aber durch die Öffnung haben alle die Möglichkeit“, erklärt Holm.
Die neuen Regeln kommen zum ersten Mal bei der männlichen U21-Weltmeisterschaft in Polen zum Einsatz. Die Schiedsrichter*innen in Deutschland werden in den kommenden Wochen und Monaten auf den Lehrgängen ihres zuständigen Verbandes über die Änderungen informiert.
Das neue Regelwerk zum Nachlesen findet sich hier.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Anpassungen im Regelwerk.
Weitere wichtige Hallenhandball-Regelanpassungen im Überblick
Handball-Regel 1:11
Absatz 11 in Regel 1 (Die Spielfläche) wurde ergänzt und damit die Coachingzone im Regelwerk verankert. "Die Coachingzone beginnt 3,5 m von der Mittellinie entfernt, endet 8 m vor der jeweiligen Torauslinie und umfasst, soweit möglich, den Bereich direkt hinter der Auswechselbank."
Holm: „Die Coachingzone war bisher im Auswechselraumreglement beschrieben, jetzt ist sie im Regelwerk integriert und damit allgemein verbindlich in allen Ligen umzusetzen.“ Vergleichbar zur Einführung der Anwurfzone dürfen sich die Vereine im Amateurbereich mit Tape oder Klebeband behelfen. „Es ist nur unbedingt darauf zu achten“, so Holm, „dass die Begrenzung der Coachingzone nicht in das Spielfeld ragen darf. Sonst kommt es zu einer Verwechslung mit der Wechselmarke.“
Handball-Regel 2:2
Im Kommentar zum Siebenmeterwerfen wurde folgende Ergänzung vorgenommen: "Ist ein 7-m-Werfen entschieden, bevor beide Mannschaften jeweils fünf Würfe in der ersten Runde ausgeführt haben, ist es nicht notwendig, die ausstehenden Würfe auszuführen."
Holm: „Das ist eine Klarstellung, dass ein Siebenmeter nicht fortgesetzt werden muss, wenn eine Entscheidung bereits rechnerisch gefallen ist. Da es im Januar bei der Weltmeisterschaft beim President’s Cup eine Irritation diesbezüglich gab, wurde es jetzt klargestellt.“
Handball-Regel 5:4
Es ist dem Torwart gemäß der Anpassung erlaubt, "den Torraum mit dem Ball zu verlassen und ihn im Spielfeld weiterzuspielen, wenn es ihm nicht gelungen ist, Körper- und/oder Ballkontrolle zu erlangen." (alt: den Torraum mit dem nicht unter Kontrolle gebrachten Ball zu verlassen und ihn im Spielfeld weiterzuspielen.“
Holm: „Hier wird dem Spielgedanke Rechnung getragen.“ Die Bewertung, ob Körper- und/oder Ballkontrolle (nicht) vorhanden sind, liegt im Ermessen der Schiedsrichter*innen.
Handball-Regel 6:2c
Es gibt eine Klarstellung zur Regel 6:2c, die besagt, dass es einen Siebenmeter gibt, "wenn ein Abwehrspieler durch das Betreten des Torraums eine klare Torgelegenheit vereitelt." Der zusätzliche Hinweis wurde nun angepasst: "Mit "Betreten" ist im Sinne dieser Regel das Berühren der Torraumlinie oder ein deutliches Eintreten in den Torraum zu verstehen.“ (alt: "Mit „Betreten" ist im Sinne dieser Regel nicht das bloße Berühren der Torraumlinie zu verstehen, sondern ein deutliches Eintreten.“)
Holm: „Wenn ein Angreifer mit dem Fuß auf der Linie steht, gibt es einen Abwurf; umgekehrt hatte es aber keine Konsequenz, wenn ein Abwehrspieler mit dem Fuß die Linie berührt. Diese Grauzone hat man nun behoben.“ Achtung: Ein Siebenmeter gibt es aber weiterhin nur, wenn durch das Betreten des Torraums eine klare Torgelegenheit verhindert wird. Ansonsten gibt es einen Freiwurf.
Handball-Regel 7:10
In Regel 7:10 wird ab Juli genauer definiert sein, was passiert, wenn ein Spieler, aber nicht der Ball die Spielfläche verlässt. "Es ist nicht erlaubt, den Ball zu berühren, solange irgendein Körperteil den Boden außerhalb der Spielfläche berührt. In diesem Fall ist auf Freiwurf für die andere Mannschaft zu entscheiden", heißt es in der neuen Version. Holm: „Das ist eine sinnvolle Klarstellung.“
Handball-Regel 10:3b
Es gibt eine Klarstellung zur Ausführung des Anwurfs: "Der Anpfiff durch die Schiedsrichter kann nur dann innerhalb der Anwurfzone befinden erfolgen, wenn sich der Ball und der Werfer vollständig innerhalb der Anwurfzone befinden."
Holm: „Vorher reichte es, wenn sich ein Fuß des Anwerfers in der Anwurfzone befunden hat. Jetzt müssen sowohl Ball als auch Anwerfer komplett in der Anwurfzone sein.“
Handball-Regel 14:1b
Auf Siebenmeter wird entschieden bei einem "unberechtigtem Pfiff von einer anderen Person als den Schiedsrichtern während einer klaren Torgelegenheit."
Holm: „Es handelt sich um eine Klarstellung: Ein Schiedsrichter kann zwar einen falschen Pfiff abgeben, aber keinen unberechtigten Pfiff. Er ist immer berechtigt, zu pfeifen. Andere Personen in der Halle sind es nicht.“
Handball-Regel 15:9
In Zukunft wird die spielfortsetzung bei der Störung eines formellen Wurfs vereinheitlicht. Wird die Ausführung eines Wurfs durch einen Abwehrspieler gestört, ist grundsätzlich auf Freiwurf für die Mannschaft in Ballbesitz zu entscheiden.
Holm: „Wir haben erneut eine Klarstellung, dass das Spiel auch bei Störung eines Einwurfs, Abwurfs oder Anwurfs grundsätzlich mit einem Freiwurf als Spielfortsetzung weitergeht. Wird ein Siebenmeter gestört, wird er aber natürlich weiterhin wiederholt.“
Quelle: handball.net
Foto: Wolf